ICE-Neubautrasse: Bund will Bahnausbau direkt beschließen


Bundeskabinett beschließt Gesetzentwurf , in denen die Bahnstrecke Hannover-Bielefeld explizit genannt wird

ICE-Neubautrasse: Bund will Bahnausbau direkt beschließen

LANDKREIS. Das Bundesverkehrsministerium will offenbar in Sachen Bahnausbau Hannover-Bielefeld den Turbogang einlegen: Statt eines regulären, erfahrungsgemäß oftmals Jahre oder sogar Jahrzehnte dauernden Planfeststellungsverfahren sollen große Infrastrukturprojekte in Zukunft ganz einfach per Bundestagsbeschluss durchgesetzt werden. Am Mittwoch beschloss das Bundeskabinett einen Gesetzesentwurf des Bundesverkehrsministeriums zur „Beschleunigung wichtiger umweltfreundlicher Verkehrsprojekte“. Angewendet werden soll das neue Verfahren auf zunächst insgesamt zwölf Wasserstraßen- und Schienenprojekte. Dabei wird in der Reihe der sieben Schienenprojekte die Bahnstrecke Hannover-Bielefeld explizit genannt.

Autor Jakob Gokl Schaumburger Zeitung & Landes-Zeitung 07.11.2019

Mit Hilfe sogenannter Maßnahmengesetze soll der Deutsche Bundestag nach dem Willen des Bundesverkehrsministeriums in Zukunft die Genehmigung für große Verkehrsprojekte erteilen können. Damit würden langwierige Verfahren bis zur Schaffung von Baurecht verkürzt, so die Erwartung.

Zugleich steige in der Bevölkerung die Akzeptanz für derartige Großprojekte, „da sie vom höchsten demokratisch legitimierten Gesetzgeber beschlossen werden“, so das Bundesverkehrsministerium in seiner Mitteilung. Auch mit der Verabschiedung scheint es das Scheuer-Haus eilig zu haben: Bereits in der kommenden Woche soll der Entwurf unter dem etwas sperrigen Titel „Maßnahmengesetzvorbereitungsgesetz“ zur Beratung in den Deutschen Bundestag gehen.

Inhaltlich soll sich das neue Verfahren an das Prozedere bisheriger Planfeststellungsverfahren anlehnen, führt das Bundesverkehrsministerium zur Erläuterung aus. In Sachen Umwelt gebe es dabei „keine Abstriche“, verspricht das Scheuer-Ministerium. „Alle Umweltprüfungen werden vorgenommen.“ Die Öffentlichkeitsbeteiligung werde sogar in drei Punkten gestärkt: Neben einem frühzeitigen ersten Termin der Öffentlichkeitsbeteiligung müsse bei Festlegung des Untersuchungsrahmens die Öffentlichkeit ein weiteres Mal eingebunden werden. Zudem könne auf den Erörterungstermin nicht verzichtet werden. Nach Prüfung aller zulassungsrelevanten Vorschriften und Aufnahme aller Einwendungen werde ein Abschlussbericht erstellt und das Gesetzgebungsverfahren eingeleitet.

Konkret anwenden will das Bundesverkehrsministerium das neue beschleunigte Vorgehen auf sieben Schienenprojekte, darunter explizit den vor allem in der hiesigen Region stark umstrittenen Ausbau der Bahnstrecke Hannover-Bielefeld. Ein weiterer Gesetzesentwurf soll die Planverfahren für Ersatzneubauten verschlanken und die Kommunen bei der Beseitigung von Bahnübergängen finanziell entlasten.

Brisant ist das Gesetzesvorhaben vor allem auf Grund seiner juristischen Konsequenzen: Während gegen einen vom Eisenbahnbundesamt gefällten Planfeststellungsbeschluss der Rechtsweg bis zum Bundesverwaltungsgericht offen steht, ist gegen eine vom Deutschen Bundestag per Gesetz beschlossene Baumaßnahme formal nur noch Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe möglich. Entsprechend entsetzt reagierten darauf die heimischen Bürgerinitiativen: „Damit wird der gesamte Rechtsweg für Bürger, Bürgerinitiativen und Umweltverbände praktisch ausgehebelt“, meinte Thomas Rippke, Sprecher der Bürgerinitiative gegen den trassenfernen Ausbau der Bahn in Bückeburg/Minden/Porta Westfalica (BIGTAB). „Wenn Minister Scheuer damit durchkommt, dann gute Nacht!“

„Für uns wäre es eine Katastrophe, wenn das Gesetz durchkommt. Zumal die Bahnstrecke Bielefeld – Hannover explizit genannt wird“, stellte Hendrik Steg, Vorsitzender der BI Auetal auf Anfrage dieser Zeitung fest. „Dann wären die BI und alle Proteste sinnlos, denn dann würde einfach beschlossen.“ Steg hatte schon bei der jüngsten Bürgerversammlung in Bernsen befürchtet, dass es dieses Gesetz bald geben könnte. „Damit werden demokratische Entscheidungsfindungsprozesse einfach ausgehebelt“, so Steg.

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